Arbeitskreis Heimische Orchideen NRW

Fleischfarbenes Knabenkraut

Dactylorhiza incarnata (L.) SOÒ subsp. incarnata / Dactylorhiza incarnata (L.) SOÒ (s.str.)

Etymologie:
(griech.) daktylos: Finger; rhiza: Wurzel
(lat.) incarnatus: zu Fleisch geworden (bezieht sich auf die Blütenfarbe)

Blütezeit: Ende Mai bis Ende Juni

Typische Merkmale: 30-40cm hoch. Blätter ungefleckt, am Grund stengelumfassend, lang, steil aufgerichtet, gekielt bis gefaltet, die oberen an der Spitze tütenartig zusammengezogen. Tragblätter länger als Blüten. Stengel dick und hohl. Blütenfarbe von weißlichrosa bis purpurn. Lippe relativ klein, ungeteilt bis undeutlich dreilappig mit einer feinen, dunkelroten Streifenzeichnung. Seitliche Sepalen abstehend bis aufwärts gerichtet, breit-lanzettlich, mit einer roten Flecken- oder Schleifenzeichnung.

Variationsbreite: In NRW ist die reine D. incarnata äußerlich wenig veränderlich (wenn man D. ochroleuca als klar eigenständige Sippe betrachtet). Dies mag darauf hindeuten, dass abweichende Sippen selbst mit gemeinsamem Vorkommen der Nominatsippe (in anderen Gegenden Deutschlands und Europas) eigenständiger sind, als bisher meist zugestanden (vgl. LOOS 2018a).

Die Pflanzen können in der Größe stark variieren. Am Niederrhein gab es vor 1930 Populationen extrem kleiner Pflanzen (Dactylorhiza incarnata var. obscura). In NRW kommt heute nur noch die Nominatrasse vor.

Ähnliche Arten: Die Lippe ist deutlich kleiner als bei den anderen Dactylorhiza-Arten. Von Dactylorhiza praetermissa unterscheidet sie sich durch auffallend kleinere Blüten und die aufgerichteten, an der Spitze tütenförmigen Blätter. Es gibt eine ganze Reihe von uniform aussehenden Hybridpopulationen mit ungefleckten Blättern, die bei der Kartierung fälschlich als Dactylorhiza incarnata (oder Dactylorhiza praetermissa, s. dort) gemeldet wurden.

Biotop: Nasse bis sumpfige Wiesen, Flachmoore, bevorzugt auf Kalk.

Verbreitung in NRW: Aktuell hat die Art nur noch zwei Vorkommen in der Westfälischen Bucht im Kreis Warendorf sowie einen Fundort im Weserbergland im Kreis Höxter. Eine Erhebung in den Jahren 2014 und 2015 erbrachte landesweit in allen bekannten Vorkommen zusammen weniger als 150 blühende Pflanzen. Insgesamt wurde Dactylorhiza incarnata in NRW in fast 100 Messtischblattquadranten nachgewiesen, was den dramatischen Rückgang der Art verdeutlicht. Insbesondere die Trockenlegung und andere Veränderungen des Wasserhaushaltes, z. B. durch Grundwasserspiegelabsenkungen, haben stark zum Rückgang der Art beigetragen. Einige Vorkommen sind auch durch die Hybridisierung mit Dactylorhiza majalis verloren gegangen. Die Art war in NRW – mit Ausnahme des höheren Berglandes – ziemlich verbreitet, jedoch fast nirgendwo häufig. Nachweise liegen aus allen Großlandschaften vor, einen deutlichen Verbreitungsschwerpunkt hatte die Art entlang des Rheins in der Niederrheinischen Bucht und im Niederrheinischen Tiefland sowie in der Westfälischen Bucht.

Gefährdung: Durch Biotopverluste und Hybridisierung gingen die meisten Fundorte von Dactylorhiza incarnata verloren (vgl. auch ECCARIUS 2016 für die treffende Beschreibung des Rückgangs der Art insgesamt). An den verbliebenen Fundorten fehlt eine ausreichende Verjüngung des Bestandes!

Rote Liste NRW: 2 (stark gefährdet)

Problematik: Schwer unterscheidbar von der reinen Art sind Hybridsippen mit einem beherrschenden Einfluss des Fleischfarbenen Knabenkrautes (Dactylorhiza incarnata). Zwei sehr interessante Populationen mit einem geringen Einfluss des Breitblättrigen Knabenkrautes (Dactylorhiza majalis) wurden erst in den letzten Jahren an der Lippe im Kreis Unna und im nördlichen Sauerland bei Hagen entdeckt.

 

Stand 2018: Leicht verändert nach unserem Buch "AHO NRW (2018): Die Orchideen Nordrhein-Westfalens. LWL-Museum für Naturkunde, Münster". Für weitere Informationen und Quellen siehe ebenda.